Abmoosen – Eine Methode, um Pflanzen zu vermehren

„Abmoosen?! Was soll das denn sein?“, fragt sich der neugierige Gartenfreund, doch er wird es gleich erfahren. In dieser Anleitung wird beschrieben was Abmoosen ist und wie das funktioniert.
Es ist eine ungewöhnliche Methode um Pflanzen zu vermehren, eine erstaunliche Fähigkeit der Natur.

Bei vielen Pflanzen funktioniert das Abmoosen sehr einfach. Ein Plastikbecher kann dabei helfen.
Ein Plastikbecher zum Abmoosen

Die Natur kennt vielerlei Methoden, um Pflanzen zu vermehren, aber die ungewöhnlichste davon mag wohl das Bewurzeln einer Pflanze mitten im lebenden Ast sein. Das hat wohl den tieferen Sinn, dass Pflanzen nicht unbedingt sterben müssen, wenn sie vom Sturm umgeworfen oder von Erdrutschen verschüttet werden.

Nicht alle Pflanzen haben diese Fähigkeit. Meistens sind es diejenigen mit holzigen Ästen, aber auch Tomaten zählen dazu. Sämtliche Nadelbäume können das überhaupt nicht.

Woher kommt der Ausdruck Abmoosen?

Diese Vermehrungsanleitung ist denkbar einfach, denn man braucht nur irgendetwas, womit man feuchtes Material um einen Ast wickeln kann. Und zwar so, dass man es auch ständig feucht halten kann. Doch in alten Zeiten gab es noch kein wasserdichtes Plastik, das man einfach so in den Baum hängen konnte. Deshalb nahm man zum Beispiel gefettetes Leder, in das Moos gewickelt wurde.

Aber wieso ausgerechnet Moos? Weil Moos einerseits sehr leicht bleibt, auch wenn es viel Wasser aufgesogen hat, und andererseits noch eine höchst erstaunliche Wirkung hat; Moos fördert nämlich das Wurzelwachstum fremder Pflanzen! Aber damit direkt zu einer Sache mit Effekt:

Das Bewurzeln von lebenden Ästen

Um Pflanzen zu vermehren kann man sie abmoosen. Sie bilden dann Wurzeln am lebenden Ast.
Wurzelbildung am lebenden Ast

Unser auserkorenes Opfer ist eine Feige, die leider zu groß geworden ist, um auf natürliche Weise gegen Spinnmilbenbefall behandelt zu werden. Deshalb wurde kurzerhand entschieden, sie zu mehreren neuen Feigenbäumchen zu machen.

Zwei abgemoost und der Rest als Stecklinge – das geht nämlich auch, bei Pflanzen, die zum Abmoosen oder zur Bildung von Absenkern geeignet sind. Absenker sind im Prinzip dasselbe, hierbei wird jedoch ein lebender Ast zum Boden gebogen und mit Erde bedeckt. Und das führt uns zu dem Schluss, dass für das Abmossen überhaupt kein Moos nötig ist.

Die sichtbare Wurzelbildung beim Abmoosen.
Sichtbare Wurzeln beim Abmoosen

Deshalb nehmen wir einfach ganz normale Blumenerde als ‚Substrat‘ und haben damit den Boden in die Höhe verlegt. Als Behälter, den wir nachher auch noch gießen können, ohne uns die Fensterbank zu überschwemmen, nehmen wir einen aufgeschnittenen Plastikbecher. Durchsichtig ist er nur, weil wir sehen wollen, wann die Wurzeln wachsen.

Man kann alles nehmen, was irgendwie das Wasser hält. Dieser Plastikbecher wird seitlich aufgetrennt und ein Sternschnitt in der Mitte gemacht. So klemmt er sich von alleine an den Ast. Danach wird der seitliche Schnitt wieder mit Tesa zugeklebt und das ganze mit Erde befüllt. Fertig!

Wie lange dauert das Abmoosen und was passiert danach?

Das ist von Pflanze zu Pflanze unterschiedlich. Unsere Feige hat es innerhalb von 3 Wochen geschafft bis an den Becherrand zu wurzeln. Das ist rekordverdächtig. Die meisten anderen Pflanzen brauchen deutlich länger, manchmal einige Monate. Doch wir sind sehr zufrieden damit und kommen nun zur nächsten Maßnahme.

Abgemooste Äste eines Feigenbäumchens. Erst an der Pflanze bewurzelt und dann abgeschnitten.
Abgemooste Äste eines Feigenbäumchens

Völlig klar ist, dass die gebildeten Wurzeln noch nicht ausreichen können, um den gesamten Trieb zu versorgen. Deshalb schneiden wir jetzt nicht nur unterhalb der Abmoos-Stelle ab, sondern auch die Verzweigungen oberhalb. Es bleibt auch fast kein Blatt dran, um die Verdunstungsfläche zu reduzieren. So können wir nun die neuen, kleinen Bäumchen einpflanzen, ohne dass sie nachher von selbst Triebe absterben lassen.

Die „gerodeten“ Holzabschnitte von oberhalb stecken wir einfach irgendwo in die Erde. Denn wenn das Wetter freundlich für sie gestimmt ist, bekommen auch sie genügend Feuchtigkeit, um von alleine anzuwachsen. Bis es so weit ist müssen sie unbedingt nass gehalten werden (z. B. mit Zeitungspapier).

Der Unterschied zu Stecklingen

Der Unterschied zu der Methode der Steckhölzer ist, dass man 100%ig sicher sein kann, dass die vorgewurzelten Exemplare auch anwachsen. Bei Stecklingen gibt es oft (abhängig von der Pflanzenart) eine hohe Ausfallqoute. Ein weitere Vorteil ist, dass manche Stecklinge überhaupt nicht so lange durchhalten, als dass sie Wurzeln bilden könnten. Diejenigen Pflanzensorten, die beim Abmoosen Monate zur Bewurzelung brauchten, haben schlechte Chancen. Es ist aber trotzdem immer wieder erstaunlich, was die Natur so alles kann!

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